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Theaterstück „Gas“ zeigt Bezüge zur aktuellen Realität

Stadtgeschehen
  • Erstellt: 22.09.2022 / 14:20 Uhr von cl/pm
Die Stücke des in Magdeburg geborenen expressionistischen Dramatikers Georg Kaiser erscheinen heute erschreckend visionär. Sein Stück „Gas“ von 1918 thematisiert das noch junge Industriezeitalter, die Abhängigkeit von einem Rohstoff, die (menschenverachtenden) Bedingungen seiner Gewinnung und die Unfähigkeit der Menschen, sich trotz besserem Wissen davon loszusagen. Das teilt das Theater mit. Darum geht es in dem Stück:

Für das Schauspielhaus Magdeburg inszeniert Florian Fischer. Premiere ist am Sonnabend, 8. Oktober, 19.30 Uhr, auf der großen Bühne.

Eine verheerende Gas-Explosion löscht das Leben zahlreicher Fabrikarbeiter aus. Obwohl kein Fehler vorliegt, obwohl die Formel stimmt. Wenngleich die nächste Katastrophe nur eine Frage der Zeit ist, drängen Arbeiter, Kapital und Politik gleichermaßen auf den sofortigen Wiederaufbau der Fabrik. Fortschritt, Finanzmärkte und Armeen benötigen Gas, koste es, was es wolle. Ihnen entgegen tritt der Besitzer der Fabrik und verweigert sich. Stattdessen präsentiert er einen unfassbaren Plan: In der Erschaffung des neuen Menschen liegt die einzige Möglichkeit, seine Spezies zu retten.

Der Magdeburger Georg Kaiser (1878–1945) legte in Gas (uraufgeführt 1918) die Zusammenhänge von Fortschritt, Kapital, Arbeit auf der einen und Vernichtung auf der anderen Seite offen. Der Zeitgenosse von Bertolt Brecht avancierte in der Folge zu einem der wichtigsten und meistgespielten Autoren überhaupt. Der von den Nationalsozialisten schließlich verbotene und 1945 verstorbene Autor geriet in Vergessenheit. Seine hellsichtigen Werke erobern erst jetzt wieder zunehmend die Theaterbühnen.

Die Erfindung des neuen Menschen als Antwort auf Krieg und Chaos greift Regisseur Florian Fischer als einen von den Nationalsozialisten brutal abgeschnittenen „roten Faden“ in seiner Inszenierung wieder auf. „Gas“ ist so auch eine Geschichte von Möglichkeiten, die von den Protagonisten allerdings ungenutzt bleiben. Sina Mantheys Bühne zitiert in Formen und Farben Elemente des Expressionismus, orientiert sich dabei unter anderem an den Ideen und der Ästhetik des Magdeburger Stadtbaurates Bruno Taut. Auch die Kostüme von Carla Renée Loose greifen die klare Formensprache auf und spielen mit Abstraktionen historischer Vorbilder in Form und Material. Komplementiert wird das künstlerische Team durch den Komponisten und Musiker Diego Noguera. Regisseur Florian Fischer (geboren in Altötting) ist multidisziplinärer Künstler.

Er inszenierte u. a. am Schauspielhaus Hamburg, Bochum und Wien, dem Staatsschauspiel Dresden und dem NTGent. 2020 erhielt er den Kurt-HübnerRegiepreis. Der von ihm uraufgeführte Text „Tragödienbastard“ wurde 2021 mit dem Mühlheimer Dramatikerpreis ausgezeichnet, im selben Jahr war er für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST nominiert.

Premiere:
Sa., 8.10., 19.30 Uhr, Schauspielhaus, K1

Weitere Vorstellungen im Oktober:
12./16./29.10.

Bilder

Quelle: pixabay.com
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