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Premiere für „Orpheus in der Unterwelt“ am Magdeburger Theater: im Interview mit den Hauptdarstellern Rosha Fitzhowle und Jean Miannay

Interview
  • Erstellt: 12.11.2022 / 07:04 Uhr von cl
Obwohl die Geschichte von „Orpheus in der Unterwelt“ schon im Jahr 1878 das erste Mal aufgeführt wurde, könnte sie doch fast von heute sein: ein Paar – Orpheus und Eurydike - lebt sich auseinander, betrügt sich gegenseitig und als die Frau stirbt, könnten für den Mann viele Probleme gelöst sein. Doch die Öffentliche Meinung in Person macht Druck und fordert, dass Orpheus seine Frau aus der Unterwelt zurückholt. Wir haben mit den beiden Hauptdarstellern gesprochen, die uns versichern: das Stück hat eine Menge Comedy!

Die beiden Hauptdarsteller Rosha Fiitzhowle und Jean Miannay sind Opernsänger und stehen in dieser Saison für die spannende und zugleich witzige Operette „Orpheus in der Unterwelt“ auf der Magdeburger Theaterbühne. Rosha ist gebürtige Schottin und Jean ist Franzose. In dem Stück fließen deutschsprachiger Gesang, Bewegungen und Schauspiel ineinander.

Meetingpoint: Worum geht es in der Operette „Orpheus in der Unterwelt“?
Rosha Fitzhowle: Es gibt diese alte romanisch-griechische Geschichte über Orpheus und Eurydike. Und unsere Geschichte ist eine Parodie davon und eigentlich auch ganz anders. Der Autor Jaques Offenbach will ein Stück seiner Gesellschaft aus der Zeit um 1870 spiegeln – also alles was schlecht und komisch ist, anstatt eine traurige Liebesgeschichte zu erzählen. Deshalb erzählen wir über ein unglückliches Ehepaar, was eigentlich schon getrennt ist und nichts mehr miteinander zu tun haben will.

Orpheus ist ein Musikprofessor und hat schon Beziehungen mit seinen Schülerinnen. Und ich – also meine Rolle Eurydike, sitzt verwundert zu Hause und versteht nicht, warum ihr Mann nicht mehr präsent ist. Also sucht sie eine Beziehung mit dem Nachbarn. Eigentlich wollen wir uns scheiden lassen, aber wegen der Öffentlichen Meinung, halten wir uns noch zurück. Die Öffentliche Meinung wird von einer Darstellerin gespielt, von Undine Dreißig. Eine Person stellt also dar, was die Öffentlichkeit zu dieser Zeit für eine Meinung hat und zeigt, was gesellschaftlich anerkannt ist und was nicht. Wir sollen also zeigen, dass wir eigentlich glücklich sind.

Eurydikes Affäre ist Pluto, der Gott der Unterwelt. Sie stirbt, weil sie sich mit ihm eingelassen hat, und landet in der Unterwelt. In unserer Geschichte wird Orpheus von der Öffentlichen Meinung gezwungen, seine Frau zurückzuholen. Nicht, weil er das wirklich will, sondern um sein Gesicht in der Gesellschaft zu wahren.

Man kann sagen, dass unser Stück wirklich eine große Komödie ist! Es werden viele Witze über unsere Charaktere und die Gesellschaft, die Strukturen und sozialen Verbindungen gemacht. Es werden auch Fragen aufgeworfen, warum manche Dinge so sind, wie sie sind.

Jean Miannay: Ich denke, es ist eine äußerst moderne Version von Orpheus. Es zeigt, dass es eben nicht möglich ist, immer den Schein zu bewahren. Alle Charaktere werden stark betont. Vielleicht auch etwas überspitzt. Orpheus ist sehr stolz auf sich selbst, nahezu arrogant. Eurydike möchte viel mehr erleben, sie will Abenteuer. Pluto wird als mächtiger, attraktiver Herrscher dargestellt. Diese übertriebene Darstellung ist aber ganz bewusst gewählt, um Fragen zu stellen. Zum Beispiel, ist das okay, dass Menschen sich so verhalten?

Meetingpoint: Wie stehen denn die Hauptfiguren zueinander?
Rosha Fitzhowle: Die Beziehung unserer Rollen ist der Grund für das gesamte Stück. Es ist spannend, dass verschiedene Perspektiven beleuchtet werden. Das Stück begleitet Orpheus auf seinem Weg, seine Frau zurückzubekommen und es begleitet Eurydike auf dem Weg in die Unterwelt. Meine Rolle will mehr haben vom Leben. Die Beziehung zu Orpheus ist nicht das, was Eurydike sich gewünscht hat. Sie ist traurig, mehr noch fühlt sie sich allein gelassen. Deshalb lässt sie sich mit dem Nachbarn ein. Ich denke, meine Rolle ist nicht wirklich auf der Suche nach Männern, aber sie will Anerkennung. Sie möchte leben und erleben.

Meetingpoint: Wie seid ihr dazu gekommen, diese Rollen am Theater in Magdeburg anzunehmen?
Rosha Fitzhowle: Ich bin seit dieser Spielzeit Mitglied im Ensemble hier am Theater und Jean ist als Gast dabei. Die Eurydike war eine der Rollen, die mir angeboten wurde. In unserem Beruf wählt man normalerweise nicht aus, was man macht. Man hört meistens über freie Stellen, singt dann vor und schaut, ob man angenommen wird. Ich habe mich sehr über die Rolle gefreut.

Jean Miannay: Im vergangenen Jahr war ich auch hier für das Vorsingen im Ensemble Magdeburg. Ich wurde aber nicht angenommen. Zwei Monate später habe ich einen Anruf vom Intendanten bekommen, der fragte, ob ich Zeit hätte für Orpheus und Eurydike. Ich habe gedacht, „ach, eine französische Oper, wie schön“. Französisch ist meine Muttersprache. Aber nein, es sollte auf Deutsch sein. Das ist mein erster Orpheus und auch meine erste Produktion in Deutschland. Beruflich war ich bisher hauptsächlich in der Schweiz und in Frankreich. Daher ist es für mich auch eine Gelegenheit, Deutschland zu entdecken.

Meetingpoint: Wie laufen die Proben? Wie ist es für euch, in deutscher Sprache zu singen?
Rosha Fitzhowle: Wir haben seit Anfang Oktober acht Stunden täglich geprobt, meist sechs Tage die Woche. Opern werden meistens sechs Wochen geprobt. Wir haben zehn Vorstellungen, davon zwei am Silvesterabend. In der der Endprobenphase tragen wir auch die Kostüme und das Orchester spielt mit. In Sprachen zu singen, die nicht unsere Muttersprache sind, ist einfach unser Job.

Jean Miannay: Die erste Woche war sehr schwierig, weil ich aus einer italienischen Produktion kam und sehr schnell auf Deutsch umsteigen musste. Für mich ist es noch eine neue Sprache. Die große Herausforderung war, die Komik in den Dialogen richtig rüberzubringen. Ein Witz braucht ein gutes Timing. Er muss sitzen, sonst wirkt er nicht.

Rosha Fitzhowle: Da mussten wir uns ausprobieren. Manchmal wirkt ein Witz auch anders, wenn man unterschiedlich lange Sprechpausen dazwischen macht. In einer fremden Sprache muss man erstmal herausfinden, wie etwas ankommt. Wir sind eine sehr internationale Gruppe, unsere Darsteller kommen zum Beispiel aus Frankreich, Schottland, Polen oder der Türkei und Israel. Es war also sicher für alle eine Herausforderung.

Meetingpoint: Wie seid ihr dazu gekommen, Opernsänger zu werden? Der Beruf ist ja nicht ganz alltäglich.
Rosha Fitzhowle: Es gibt keinen normalen Weg in den Beruf, jeder hat da seine ganz eigene Geschichte. Ich komme aus Schottland, das ist ein sehr musikalisches Land. Wie viele, habe ich angefangen mit Folk-Musik, da meine Familie auch halb irisch ist. Bei Feiern hat mich meine Familie auf den Tisch gestellt und wollte mich singen hören. Sie haben bemerkt, dass ich ein Talent habe. Ich wurde von einer Chordirektorin entdeckt und habe später im Dom gesungen.

Mir wurden dann vorgeschlagen, mir den Beruf Opernsängerin anzuschauen. Ich dachte mir: vom Singen leben? Cool! Ich habe dann an der Uni studiert und meinen Master auch in Deutschland gemacht. Hier gibt es einfach viel bessere Konditionen für dieses Studium. Und gleichzeitig habe ich Deutsch gelernt.

Jean Miannay: Ich habe mit 12 Jahren E-Gitarre gelernt. Mein Traum war es damals, in einer Rockband zu spielen. Wir hatten zwar Instrumentalisten in der Band, aber nie einen Sänger. Eines Tages habe ich für ein Konzert gesungen und es sehr geliebt. Für diese Gruppe wollte ich unbedingt richtig in einer Schule singen lernen. In meiner Stadt gab es eine Musikschule und als ich dort mit 15 Jahren hingegangen bin, habe ich zufällig einen Opernprofessor getroffen. Ich habe nie vorher Opern gehört. Dennoch war ich überzeugt, klassische Musik zu lernen, kann nicht schaden. Es ist sehr elegant und trotzdem sehr technisch. Ich habe bei diesem Professor gelernt und Opernsingen für mich entdeckt.

Rosha Fitzhowle: Ich denke auch, dass Klassik die Basis ist. Wenn man da anfängt, kann man später immer noch andere Dinge tun.

Meetingpoint: Eine letzte Frage, wie findet ihr Magdeburg?
Jean Miannay: Ich liebe Magdeburg! Freunde aus Frankreich sagten mir, es ist eine Kleinstadt, in der Nähe von Berlin, aber eben nicht Berlin. Meiner Meinung nach hatten sie einen falschen Eindruck von Magdeburg. Die Menschen hier sind sehr nett, in der Oper sind wir eine große Familie. In Magdeburg kann man auch sehr gut Deutsch lernen.

Rosha Fitzhowle: Ich freue mich sehr in Magdeburg zu sein. Ich bin dankbar. Ich habe eine Wohnung mit einem wunderbaren Ausblick und es ist so ruhig, was ich sehr mag. Meine Kollegen und Kolleginnen sind sehr nett und kollegial, wir haben wahnsinnig viel Spaß in dieser Produktion.

++ PREMIERE ++
„Orpheus in der Unterwelt“ feiert heute um 19.30 Premiere im Opernhaus Magdeburg. Es gibt noch Restkarten. Hier könnt ihr euch dafür und auch für die kommenden Vorstellungen Tickets reservieren: [KLICK]

Bilder

Rosha und Jean bei den Proben, Foto: Theater Magdeburg/ Andreas Lander
Foto: Theater Magdeburg/ Andreas Lander
Foto: Theater Magdeburg/ Andreas Lander
Foto: Theater Magdeburg/ Andreas Lander
Rosha und Jean freuen sich auf die Premiere!
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