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Interview: Wie wird man eigentlich Schauspieler?

Interview
  • Erstellt: 23.09.2023 / 08:05 Uhr von rg
Auf der großen Bühne stehen, das Publikum in eine andere Welt entführen - das machen Die Schauspieler des Theaters Magdeburg regelmäßig. Aber wie wird man eigentlich Schauspieler und kann das jeder? Meetingpoint hat mit Bastian Lomsché, Mitglied der Schauspielleitung am Theater Magdeburg und Mia Rainprechter, Schauspielerin am Theater Magdeburg, geredet.

Meetingpoint: Wer kann Schauspieler am Theater Magdeburg werden?
Bastian Lomsché: Theoretisch jeder. Es ist allerdings üblich, dass Schauspieler ein Schauspielstudium durchlaufen. Es ist ein Handwerk, das weit mehr abverlangt, als „nur“ Talent zu haben. Auch wenn dieses unbedingt vorhanden sein sollte. Aber: wenn wir morgen auf der Straße eine Person entdecken, die uns so umhaut, dass wir sie im Ensemble haben möchten, wäre das möglich.

Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
Bastian Lomsché: Wie gesagt, ein Studium ist die Regel. Ich kenne kaum Schauspieler in einem Theaterensemble, die nicht auf einer Schauspielschule war oder etwas Ähnliches durchlaufen hat. Die wenigen, die mir einfallen, kommen entweder aus einem verwandten Berufsfeld, z. B. Artistik, Tanz oder Clownerie oder sind sehr außergewöhnliche „Typen“, mit denen Regisseure arbeiten möchten.

Gibt es die Möglichkeit, dass zum Beispiel Magdeburger eine Rolle in einem Stück besetzen können, die sonst nicht als Schauspieler tätig sind?
Bastian Lomsché: Die gibt es. Wir arbeiten öfter mit Statisten. Dafür gibt es Castings, wer Interesse hat, kann sich an marije.roos@theater-magdeburg.de wenden. Außerdem gibt es verschiedene Spielklubs, nicht nur für Kinder und Jugendliche und weitere Angebote in diese Richtung. Wer Interesse hat, sollte sich mit der Abteilung Künstlerische Vermittlung in Verbindung setzen. Kontaktdaten gibt es auf unserer Homepage.

Wie wird man Schauspieler?
Mia Rainprechter: Es gibt viele Wege Schauspieler zu werden. Es gibt Kinder, die von klein auf damit aufwachsen, es gibt den ‚klassischen Weg‘ des Schauspielstudiums, aber natürlich auch Quereinsteiger und erfolgreiche Schauspieler ohne Studium. Beim Werdegang ist es auch von Interesse, ob man Film oder Theater machen will, das sind schon unterschiedliche Welten. Grob gesagt geht es beim Film & Fernsehen oft mehr um die Kontakte, beim Theater viel um Ausbildung & Erfahrung.

Welche Schritte muss man gehen, um zu einem Schauspielstudium zugelassen zu werden?
Mia Rainprechter: Man muss sich auf den jeweiligen Websites informieren, wann welche Anmeldefristen sind, in allen Städten ist das unterschiedlich und daran scheitert es oft. Es gibt staatliche und private Schauspielschulen. Staatliche Unis/Hochschulen sind kostenfrei, dementsprechend sind diese begehrter unter den Bewerbern. Dort gibt es jedoch oft wenige Plätze, was die Aufnahmesituation schwieriger macht.

Die Bewerbungsunterlagen und Anweisungen zu benötigten Unterlagen gibt es auf der jeweiligen Website. Jede Schule verlangt auch eine Gebühr für die Bewerbung. Wenn das alles fristgerecht vollständig eingereicht, wurde wird ein Termin zum 1. Vorsprechen festgelegt. Wenn das erfolgreich abläuft, gibt es abhängig von der jeweiligen Uni/Hochschule mehrere weitere Runden mit sportlichen/musikalischen usw. Tests. Wenn man es in die letzte Runde geschafft hat und diese erfolgreich absolviert, wird man in das neue Studienjahr aufgenommen.

Wie läuft ein solches Studium ab?
Mia Rainprechter: Ich studiere an der Filmuniversität Babelsberg, einer staatlichen Schule - die neben der Theaterausbildung viel Film macht und kann dementsprechend nur aus meiner Perspektive erzählen. An allen Schauspielschulen im deutschsprachigen Raum steht die Bühne im Vordergrund der Ausbildung. An den wenigstens Schulen gibt es eine filmische Ausbildung, ein paar Kamera Kurse bekommt man eigentlich überall, aber die Grundlage eines jeden Schauspielstudiums ist die Arbeit auf der Bühne.

Die ersten beiden Jahre der für gewöhnlich drei Studienjahre sind in den meisten Fällen intensiver und Stundenplan gebundener, danach ist es oft mehr projektorientiert bzw. freier und einfacher, schon in die Jobwelt außerhalb der Uni einzutauchen. Es ist ein sehr sportlastiges Studium, von Ballett über Boxen, Fechten, Akrobatik und viele Arten des Tanzes lernt man die Grundlagen einiger Sportarten kennen und baut sich eine gute Grundfitness auf.

Auch ein wichtiger Teil des Studiums ist der Sprechunterricht. Mit unzähligen privaten Einzelstunden trainiert man den ganzen Sprechapparat, lernt seine Stimme gesund einzusetzen, Aussprache und Textinterpretationen und vieles mehr.

Und schließlich natürlich das Schauspiel - im ersten Studienjahr die Grundlagen wie Improvisation, kleine Szenen, Herangehensweisen - und im weiteren Verlauf Monologarbeiten, Szenenstudien mit anderen Kommiliton:innen, verschiedene Schauspielmethoden und so weiter. Bei uns gab es viele Drehs, um das Spiel vor der Kamera zu verbessern, großes Spiel von der Bühne vor der Kamera klein und fein umzusetzen. Theater- und Filmgeschichte, Dramaturgie und andere theoretische Fächer sind neben vielen anderen auch Bestandteil der Ausbildung.

Der inoffizielle Abschluss ist das Absolvierendenvorspiel am Ende des 3. Studienjahrs, bei dem sich der Jahrgang mit Monologen und/oder zweier Szenen vor Fachpublikum präsentiert und so auf einen Einstieg in die Jobwelt hofft. Der offizielle Abschluss ist von Schule zu Schule unterschiedlich - bei uns ist es einfach eine Bachelorarbeit, da ich an einer Universität bin.

Was lernt man im Studium, was man nicht durch Teilnahme an Schauspielclubs oder ähnliches lernen kann?
Schauspielclubs sind für viele heutige Schauspieler der Anfang gewesen. Der Spaß und die gemeinsame Arbeit an einem Stück sind toll und bleiben auch während der Ausbildung toll, aber an einer Schauspielschule hat man durch vielseitige Fächer, viele verschiedene Lehrkräfte, Gelder und Mittel einer Einrichtung, ausgelegt auf Schauspiel, eine viel intensivere Arbeit. Durch Einzelunterrichte bekommt man als Einzelperson viel mehr Aufmerksamkeit und Kritik als es in einem Club möglich ist. Auf Aussprache, Körperarbeit und verschiedene Rollen-Herausforderungen wird viel mehr Wert gelegt und Zeit geschaffen.

Von Profis unterrichtet zu werden, deren bezahlter Job es ist ihre Erfahrungen zu vermitteln und aus jedem Studierenden das Beste rauszuholen, ist ein Luxus, der in Schauspielclubs meistens nicht stemmbar ist, zeitlich, finanziell und ohne die Zusammenarbeit einer Vielzahl an Lehrkräften.

[Hier] könnt ihr euch über die Schauspielclubs am Theater Magdeburg informieren.

Bilder

Bastian Lomsché, Foto: Jan Reiser
Mia Rainprechter in "Jagdszenen", Foto: Katrin Ribbe
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